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2. Juli 1619: Nachrichten aus Den Haag

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Ungeachtet der Ereignisse in Böhmen gab es auch in anderen Teilen des Reichs und Europas Entwicklungen, die ihren eigenen Nachrichtenwert besaßen und ihren Niederschlag in der zeitgenössischen Publizistik gefunden haben. Nicht zur Ruhe kamen nach wie vor die Generalstaaten.

Im Mai 1619 hatte sich mit der Hinrichtung Oldenbarnevelts zwar Moritz von Oranien als Statthalter und damit eindeutig als neuer starker Mann etabliert. Doch die damit verknüpften religiösen Unruhen waren keineswegs beigelegt. So hatten sich die Generalstaaten nach wie vor mit der Thematik auseinanderzusetzen, „wie den wiederspendigen [!] Armenianern zubegegnen sey“. Ein Zentrum der Remonstranten, wie die Arminianer auch genannt wurden, war Alkmaar, wo man generalstaatische Mandate, die sich gegen die Lehre der Remonstranten richtete, abriß und nach wie vor in arminianischer Weise Predigten abhielt (so in der Relation aus Nürnberg vom 18. Juli 1619, nach Meldungen aus Den Haag vom 2. Juli). Für die Atmosphäre in den Niederlanden war es nicht besser, daß Hugo Grotius und Rombout Hogerbeets, die zusammen mit Oldenbarnevelt als Köpfe der Remonstranten gefangen gesetzt worden waren, „in Frawen Kleidern“ einen Fluchtversuch unternommen hatten – „so aber offenbahr worden“ (ebenda).

Auch andere Themen beschäftigten die Generalstaaten. So gab es eine Initiative des englischen Königs, der die Herren Staaten aufforderte, „mit dem Erh[erzog Albrecht, dem Regenten der Spanischen Niederlande] und Span[ien] den anstand zu[v]erlengern / oder ein stetigen frieden zu handeln“. Die Reaktion der Generalstaaten darauf war kühl bis abweisend; dem englischen Abgesandten ließ man mitteilen, „was grossen schaden die Span[ier] bey wehrenden stillstand jhren vnderthaner zu gefüget / derwegen vor erstatt: vnd ergentzung dasselben sie zu keiner handlung sich verstehen könten / sondern müssen auff andere mittel gedencken“ (ebenda). Es deutete sich also an, daß der Zwölfjährige Waffenstillstand zwischen den Generalstaaten und Spanien über das Jahr 1621 hinaus kaum Bestand haben dürfte.

Konflikte spielten sich auch in Emden ab. Hier stritt sich die Stadt mit dem Grafen von Ostfriesland; ein Streitthema waren eingeführte Steuern („imposten“); dazu kam noch, daß die Stadt sogar Graf Enno gefangen gesetzt hatte. Die Generalstaaten verurteilten dieses Vorgehen scharf. Darüber hinaus stellten sie klar, „das die Herrn von Embden vber die 6 inligende Fähnlein kein befehl haben / vnd deren Officirer von newen von den Herren Staaden vnnd S. Excell. [= Prinz Moritz von Oranien] solten erkohren werden“. Zur Klärung dieser Probleme hatten die Generalstaaten zwei Bürgermeister aus Emden zu sich nach Den Haag zitiert. Deutlich wurde daran vor allem, daß die Generalstaaten ihren Einfluß auf Ostfriesland und die Kontrolle über den wichtigen Hafen Emden nicht preiszugeben bereit waren. Immerhin waren die spanischen Garnisonen in Lingen und Oldenzaal nicht so weit entfernt, und die Spanier standen bereit, dem Grafen ihrerseits Hilfe zu schicken (für diese Thematik bietet die Relation aus Nürnberg nicht so genaue Informationen, s. hier; präziser und ausführlicher berichtet dazu die in Berlin erscheinende Zeitung auß Deutschlandt, Welschlandt, Franckreich, Böhmen, Hungarn, Niederlandt und andern Orten, hier zum 22. Juli 1619, S. 3-4).

Der Konflikt zwischen den Böhmen und den Habsburgern war die eine Krise. Doch allein die Nachrichten vom 2. Juli 1619 deuteten darauf hin, daß man auch im Nordwesten des Reiches bald schon wieder mit kriegerischen Auseinandersetzungen würde rechnen müssen.

Diesen Artikel zitieren: Michael Kaiser, "2. Juli 1619: Nachrichten aus Den Haag", in: dk-blog, 2. Juli 2019, https://dkblog.hypotheses.org/2177.

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